Ferrari, Mercedes-Benz, Porsche und sogar der Aston Martin von James Bond: eingefroren in Eisblöcken. Die Bilder von Markus Brenner können Auto-Enthusiasten das Blut in den Adern gefrieren lassen. Mit der Ausstellung „Frozen cars & tender moon" bietet die Karlsruher Neue Kunst Gallery ein Erlebnis, das auch im Lockdown erfahrbar ist.
VON MATTHIAS DREISIGACKER
KARLSRUHE. „Hier sieht es noch aus wie Kraut und Rüben", entschuldigt sich Galerist Michael Oess. Mit dem Künstler arbeitet er gerade noch an der Präsentation einer Ausstellung, die über eine simple Hängung weit hinausgeht. Die Kunst lasse sich nicht einsperren, „auch und gerade nicht in dieser grauen Zeit“, sagt Oess. Raus zu den Passanten soll die Schau, selbst wenn man es weder darf noch eigentlich kann.
Zweimal schon wurde die Ausstelung verlegt. Nun also sind die „gefrorenen Autos" als hochwertige Fotoarbeiten endlich da. Ein Glück sind die offenen Schaufensterfronten der Galerie prominent am Zirkel, die den Besuchern einen Blick auf Bilder und zwei Videoprojektionen erlauben. Es bleibt wegen einer möglichen Verlängerung der Ausgangssperre nur ein kleines Zeitfenster fürs große Schaufenster, denn Brenners Kunst braucht die Dämmerung. Täglich von 16.30 bis 19.30 Uhr will Oess die Raumilluminationen und Videos in den kommenden vier Wochen starten.
Markus Brenner ist international bekannt für seine Videoprojektionen, Lichtinstallationen und Fotografien, die das Kondensat einer konzeptionellen Inszenierung bilden. Als Markenzeichen gelten seine Fische in maßgeschneiderten Badeanzügen oder experimentellen Haute—Couture-Stoffen. Die Werke des Konstanzers sind Bestandteil namhafter Sammlungen wie der UBS Art Collection Zürich oder Nomos in Berlin.
Was er jetzt nach Karlsruhe mitbringt, thematisiert den Zauber und die Vergänglichkeit des Autos als Kulturgut. Keine echten Fahrzeuge hat der Künstler, für seine Arbeiten benutzt, sondern Modellautos. Er hat sie mit Farbpigmenten in Eisblöcken gefrieren, auftauen und erneut einfrieren lassen. Brenner spricht vom Auftauen als poetische, malerische und schließlich historische Geste des Bewahrens. Alle damit verbundenen Bilder will er wachrufen.
Auto und Kunst — das hat eine lange Tradition. Designer und Motorenbauer begreifen sich oft selbstverständlich als „Skulpturateure“, sagt Brenner.Dabei vollziehe sich längst ein vehementer Wandel. Klimakrise und Bedeutungsverlust setzen dem Auto als Prestigeobjekt zu, während die Schönheit unsterblich scheint. „Wenn Dinge museal werden, dann geraten sie historisch und haben ihre tollste Zeit wohl gesehen. Das Automobil, mit dem wir aufgewachsen sind, mit dem Aspekt höchsten Ausdrucks von Forschung, Mobilität und Individualität, wird es nicht mehr geben. Für die Jugend ist Künstliche Intelligenz gleichbedeutend mit Fortschritt. Und das Auto wird Teil einer neuen Welt mit Daten als Leitsystem."
Auch zu sehen ist eine kleinere Serie seiner „Crazy cars", bei denen Autos mit Filmsequenzen überblendet und zur Projektionsfläche für Flammen, Tiere oder einen Kuss werden. Außerdem die Videoarbeit „La Dulce Luna", die Oess bereits vor zehn Jahren auf der Art Karlsruhe gezeigt hat und die inzwischen Teil der bekannten Sammlung Wall ist. Die Videoarbeit nimmt mit der Kühle der Mondoberfläche Bezug auf Brenners Auto-Vereisungen. Langsam schiebt sich der Mond über das Bild, ein Mund taucht auf und küsst den Betrachter. Hinzu wird dem vor der Scheibe stehenden Betrachter ein Sound eingespielt. Bei Oess ist die Videoarbeit Teil der Gesamtinstallation „Tender moon".
INFO
Ausstellung „Frozen cars & tender moon"
in der Neuen Kunst Gallery Karlsruhe, Zir-
kel 32, wird heute um 15.30 Uhr mit einer
Outdoor-Vernissage eröffnet. Die Videos
und großformatigen Fotografien sind bis
zum 20. Februar durch die Schaufenster zu
sehen. Weitere Informationen gibt‘s unter
wwwneuekunstde.
James Bonds Aston Martin auf Eis von Markus Brenner.
roro: MARKUS BRENNER Markus Brenner spielt mit der Vergänglichkeit eines Kulturguts. roro: MADR